In einem Rutsch
Nach zwei Tagen startet die Reise nun endgültig. Ohne große Vorkommnisse geht's via Bangkok nach Phnom Penh.



Bei der Einreise muss mein Paß durch gepflegte 16 Hände, damit auch alles seine Ordnung hat. Während dessen dreht mein Gepäck fleissig seine Runden und ich lächle freundlich wie es hier üblich ist. Gleich nach der nächsten Schiebetüre erblicke ich das Willkommensschild von Projects Abroad. Dahinter ein jungendliches kambodschanisches Gesicht. Chamroeun spricht prima englisch und verfrachtet mich sogleich in einen klimatisierten Jeep. Natürlich ist die Verspätung Thema Nummer 1. Er war tagszuvor schon zum Abholen bereit und hatte, wie ich später erfahre, auch ein Busticket, das mich nach Sihanoukville bringen sollte, gekauft. Leider nicht umtauschaber.
Schnell gings zu einem der Appartments von Projects Abroad um meine Willkommensmappe mit allen wichtigen Informationen inklusive Kartenmaterial abzuholen. Dazwischen ein Telefonat mit dem Direktor von Projects Abroad Cambodia, der mich fragt ob es Ok sei, gleich weiterzureisen um noch heute die Passage auf die Insel Koh Rong Samloem zu erhalten. Völlig übermüdet sage ich natürlich Ja - an schlafen ist auf so einer Reise nicht zu denken. Währenddessen steuert unser Fahrer unter Chamroeun's Anweisungen den nächsten Handyshop an. Die gibt es hier wie Sand am Meer, wie ich aus dem Fenster sehen kann. Für Fünf (5) Dollar bekomme ich eine kambodschanische Mobilnummer und mit weiteren 10 Dollar bin ich für zwei Monate bestens versorgt meint mein Empfangschef. SMS und MMS gibts massig und gratis dazu, Huchu!
Einen geeigneten Bus nach Sihanoukville zu finden gestaltet sich ungemein schwieriger. Es scheint Dutzende zu geben, aber keiner will in der nächsten halben Stunde die Fahrt antreten. Die Suche interprtiere ich kurzerhand zur Mini-Stadttour um. Die große Mehrheit der Menschen auf den Strassen ist jung, kaum ältere zu sehen. Es ist gegen 11 Uhr am Sonntag vormittag und der Verkehr in der Hautstadt fliesst - chaotisch, aber er fliesst. Mopeds und LKW's beherrschen den Asphalt. Die Alleen säumen Häuser im Kolonialstil dazwischen Neubauten, die aber auch alt aussehen. Eigentlich sehr schön, wenn nicht überall der Abfall ins Auge stechen würde.
Schliesslich gehts zu einer Busstation mit vier abfahrbereiten Bussen, eine große Flasche Wasser vom Kiosk gekauft, das Gepäck verstaut und schwupps ist mein Empfangskomitee auch schon wieder fort und ich in einem leeren Bus, der sich aber innerhalb von 30 Minuten bis auf wenige Sitze füllt. Eigentlich kann man aus draussen warten, aber irgendwie ist es mir dort zu nass.



11:30 Uhr: Endlich geht's weiter! Eigentlich kann ich kaum noch die Augen offen halten, aber die Fahrt aus der Stadt lasse ich mir nicht entgehen. Die Gebäude werden niedriger und im Erdgeschoss reiht sich Geschäft an Geschäft. Für deutsche Verhältnisse würde man eher von Garagenläden sprechen. Hier ist es das Maß der Dinge, obwohl ich auch eine Mall und einen KFC entdecke. Was sich regelrecht ins müde Auge einbrennt, ist der Müll, der hier wirklich überall herumliegt und von den Menschen scheinbar nicht wahrgenommen wird. Je weiter stadtauswärts je schlimmer der Anblick! Erst als die ersten "Autobahn-Mautstellen" die Stadt vom Land trennen wird der Müll weniger. Aber nur weil hier die Besiedlung dünner wird.



Der Busfahrer drückt auf's Gas und hupt lautstark die Mopeds, LKWs und die wenigen PKWs an den Strassenrand. Busse habe hier wohl Vorfahrt. Prima. Bin echt müde und die Beine schmerzen vom dauernden Sitzen. Toilette wär auch nicht schlecht.
Die Landschaft ist schön und sehr grün. Ebene und Hügel wechseln sich ab, bis der Bus, mittlerweile voll besetzt, langsamer wird und vor einer Ansammlung von Holz- und Blechhütten anhält. Der Bus leert sich und die Passagiere sich auf den Toiletten, die in Deutschland wohl keiner freiwillig aufsuchen würde. Egal, ist dringend. Als letzter komme ich wieder zum Bus, um festzustellen, dass der Großteil der Fahrgemeinschaft in und vor der größten Hütte sitz und speist. Super, Hunger hab ich auch. Das Angebot ist übersichtlich und riecht lecker. Etwas zögerlich zeige ich auf ein brodelndes Curry, das mit 'Chicken' beantwortet wird. 'Small' gebe ich zurück und 'Rice please'. Für 5000 Riel habe ich nun mein erstes kambodschanisches Mahl auf einem Tablett. Ein weiterer Angestellter weist mir einen freien Tisch. Stäbchen oder Löffel und Gabel ist die nächste Frage. Stäbchen natürlich! Das Chicken-Curry ist köstlich, aber es scheint als hätte die Köchin das Huhn komplett in Stücke gehackt. Was kann ich für knapp 80 Euro Cent mehr verlangen!
Die Fahrt geht weiter und ich nicke ab und zu weg. Die Küste kommt in Sicht und Industrieanlagen. Das Ziel ist nahe! Die Intervalle zwischen den Stopps werden kürzer und ich wieder wacher. Es sind nicht mehr viele im Bus als es plötzlich an einem Stopp an der Scheibe klopft und ein Mann mich sehr bestimmt auffordert auszusteigen. Ich bin zu müde um mir Gedanken zu machen. Der Mann ist Tuk-Tuk-Fahrer und will mich zu einem '..land' bringen. Ich verstehe 'Island' und helfe mein Gepäck auszuladen. Als der Bus weiterfährt wird's mir komisch und ich hake nach: Island? Nein, Thailand! Sche...! Auf einmal hellwach hüpfe ich in das Tuk-Tuk und brülle 'Follow the bus!'. Das Gefährt setzt sich in Bewegung und macht seinem Namen alle Ehre. Die Situation wird brenzlig, der Bus ist weg. Zum Glück hab ich ja eine neue SIM-Card und reichlich Nummern. Während der Fahrer alles aus seinem Arbeitsgerät herausholt, klingele ich das Büro von Projects Abroad an, das heute offensichtlich ein Homeoffice ist. Mit Kindergebrüll im Hintergrund und Strassenlärm im Vordergrund nennt Saeng Kim, die gute Seele des Office's mir eine andere Nummer, unter der sich ein rauhes Englisch meldet. Ich bitte meinen Gesprächspartner direkt mit dem Fahrer zu sprechen, damit dieser den richtigen Weg einschlagen kann. Nach einigen Stopps und Telefonaten finde ich mich zwischen improvisierter Werft, baufälligen Hütten und Volleyballfeld wieder. Der Müll ist auch hier unbeschreiblich!
Zwei Minuten später treffen Janey und Stuart ein, die meinen Faux-pas wieder glattbügeln und mich in ihr Tuk-Tuk umladen und ein paar hundert Meter weiter auf die Aqua Age verfrachten. Das einzige gelbe Boot weit und breit. Janey und Stuart sind die Freiwilligen-Koordinatoren von Projects Abroad. Auf dem Boot warten noch weitere Freiwillige, die nach ihrem Sonntags-Landgang wieder zurück auf die Insel wollen. Ich auch - endlich!

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